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Reclaim the Gains – Fortschritte sichern für Frauen und Mädchen: Hören wir was Aktivist*innen sagen

Nach zwei Jahren Pandemie sind die schwächsten Bevölkerungsgruppen am stärksten von den Kollateralschäden betroffen. Unter dem Druck strapazierter Gesundheitssysteme, Lockdowns und finanzieller Not sind lebensrettende Gesundheitsdienste heute weniger zugänglich oder sogar unerreichbar geworden, vor allem für Frauen, Kinder und Jugendliche. Im Zuge dieser Verwerfungen haben mehr Frauen und Kinder ihr Leben verloren, und bestehende Kluften in der Gesundheitsversorgung und Geschlechtergerechtigkeit haben sich verbreitert statt verringert.

Wir haben im Vorfeld des Internationalen Frauentags mit führenden Vertreter*innen und Aktivist*innen aus Entwicklungsländern gesprochen, um von ihnen aus erster Hand zu erfahren, was sie erleben, was gut funktioniert hat und warum der aktuelle Zeitpunkt besonders kritisch ist.  Und obwohl wir teilweise verheerende Auswirkungen sehen, hören wir auch von großartiger Führung in den Ländern, vom heldenhaften Einsatz des Gesundheitspersonals an vorderster Front und von der starken Stimme und aktiven Gemeinschaft Jugendlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Ruanda:  Reaktion auf Verwerfungen des Gesundheitssystems und Empowerment von Frauen und Mädchen 
Nooliet Kabanyana, Executive Secretary, Ruandisches NGO-Forum zu HIV/AIDS & Gesundheitsförderung

„Frauen und Mädchen waren am stärksten betroffen. Frauen, die die Mehrheit der Haushalte von Alleinerziehenden stellen und unsicherere Arbeitsplätze haben, wurden arbeitslos und konnten für ihre Familien keine nahrhaften Lebensmittel mehr kaufen. Außerdem haben sie Zugang zu wichtigen Diensten verloren, insbesondere zu jugendfreundlichen Diensten wie Verhütungsberatung und Diensten für die sexuelle und reproduktive Gesundheit (SRGR). Die Schließung von Schulen führte zu mehr ungewollten Schwangerschaften junger Mädchen. Die Regierung reagierte rasch mit einem Fonds für den wirtschaftlichen Wiederaufbau, der Firmeninhabern Zugang zu Krediten gab. Gleichzeitig arbeiteten kommunale Behörden mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um Bedürftige zu identifizieren und Lebensmittel und Hygieneartikel zu verteilen. In den Gemeinden mussten wir allerdings feststellen, dass Mädchen aufgrund von Armut und Teenagerschwangerschaften nicht wieder zur Schule gehen konnten und viele von ihnen mental zusammenbrachen. Von der Global Financing Facility geförderte zivilgesellschaftliche Organisationen intensivierten nicht nur ihre Bemühungen, Informationen über SRGR über soziale Medien, Fernsehen und Bürgerradiosender zu verbreiten, sondern boten auch berufliche Aus- und Weiterbildungen an, um die Selbstbestimmung junger Mädchen zu stärken, und erbrachten therapeutische Beratung für diejenigen, die psychisch unter der Krise litten. Wir haben gesehen, wie diese Bemühungen das Leben von Frauen und Mädchen verändert und ihnen eine faire Chance gegeben haben, eine neue Zukunft aufzubauen. Wir müssen in der Lage sein, diese Arbeit auszuweiten, und deshalb rufen wir unsere Partner zu dringenden Maßnahmen und Investitionen auf.“

Ghana: verstärkte Bemühungen zur Unterstützung von Frauen und Mädchen in den Kommunen
Vicky Okine, Executive Director

„Während der Pandemie konnten Frauen und Mädchen ihren Bedarf an lebensrettenden Gesundheitsdiensten nicht decken. Außerdem nahmen sie Versorgungsdienste seltener in Anspruch, weil sie beim Besuch von Gesundheitseinrichtungen eine Ansteckung mit dem Virus befürchteten und aufgrund von geringeren Haushaltseinkommen auch mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert waren. Doch dank der gemeinsamen Bemühungen von Gemeinden, führenden Persönlichkeiten des Landes und zivilgesellschaftlichen Organisationen war Ghana in der Lage, die Pandemie zu bekämpfen und gleichzeitig die medizinische Grundversorgung aufrechtzuerhalten. Dank neuer Modelle für die Leistungserbringung, die sich an Hochrisikogruppen wie Schwangeren orientierten, sowie dank der Inanspruchnahme von häuslicher Versorgung, einschließlich der Fernverschreibung von Rezepten, konnten mehr Frauen und Mädchen ihren Bedürfnissen entsprechend versorgt werden. Außerdem hat die Regierung wirtschaftliche Hilfs- und Wiederaufbauprogramme aufgelegt, während sich zivilgesellschaftliche Organisationen dafür eingesetzt haben, dass auch gefährdete Bevölkerungsgruppen von wichtigen Schutzmaßnahmen, einschließlich Impfungen, erfasst werden. Es besteht jedoch nach wie vor die dringende Notwendigkeit, die Gesundheitssysteme robuster und gerechter zu gestalten und dafür zu sorgen, dass sie auf die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen eingehen. Hierzu gehört auch die Priorisierung von SRGR-Diensten, um das Empowerment, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen und Mädchen zu fördern.“

Uganda: innovative Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und Ermöglichung des weiteren Schulbesuchs von Mädchen
Arafat Kabugo, GFF Global Youth Representative, Program Manager, Naguru Youth Health Network

„Ugandas Schulen blieben mehr als zwei Jahre lang geschlossen. In dieser Zeit nahmen Teenagerschwangerschaften zu, und Frauen und Mädchen hatten mit geschlechtsspezifischer Gewalt und eingeschränktem Zugang zu Gesundheitsdiensten zu kämpfen, insbesondere im Zusammenhang mit SRGR. Die Regierung hat mehrere Maßnahmen ergriffen, die sich bewährt haben: Sie hat u. a. Lebensmittel für ärmere Bevölkerungsgruppen bereitgestellt, insbesondere in den Slums, gebührenfreie telefonische Beratungsstellen für psychische Erkrankungen eingerichtet und den Zugang zu medizinischen Notdiensten sichergestellt. Mit der Unterstützung von Partnern wie der GFF und dem UNFPA gelang es der Regierung, Dienstleistungen in den Gemeinden auf innovative Weise zu erbringen, um Kontinuität zu gewährleisten. Hierzu zählten Programme für die regelmäßige Versorgung mit Medikamenten, insbesondere für Menschen mit HIV, die Lieferung und Weitergabe von Verhütungsmitteln, mobile Gesundheitsdienste und Dienste für die Selbstfürsorge. Das Bildungsministerium hat kürzlich seine Richtlinien überarbeitet, um sicherzustellen, dass schwangere und stillende Mädchen und junge Frauen wieder in Schulen integriert werden. Wir müssen diese Fortschritte mit umfassenderer Unterstützung der globalen Gesundheitsgemeinschaft schützen. Wir brauchen ein stärkeres Engagement von Jugendvertreter*innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Politik, damit die Stimmen von Frauen und Mädchen gehört werden. Und wir brauchen mehr Investitionen, um Dienstleistungen vor Ort zu stärken und die Kapazitäten gemeindenaher Gesundheitshelfer*innen auszubauen.“

Mauretanien: Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kommunen zur Unterstützung von Gesundheitsdiensten für Flüchtlinge
Zeinebou Taleb Moussa, Präsidentin, ONG/Association Mauritanienne pour la Santé de la Mère et de l'Enfant (AMSME), nationale Abteilung für den internationalen Kinderschutz

„Frauen und Mädchen sind in vielfacher Hinsicht betroffen. Viele von ihnen, vor allem diejenigen, die in ärmeren ländlichen Gebieten leben oder vor Konflikten fliehen, haben ihre Existenzgrundlage verloren und sind stärker von Gewalt bedroht. Viele haben keinen Zugang mehr zu lebensrettenden Gesundheitsdiensten, einschließlich SRGR-Diensten, da es an Gesundheitspersonal mangelt. In den Regionen Guidimaka und Mberra, in denen viele Flüchtlinge aus Mali leben, erschwert der Mangel an Ressourcen die Umsetzung des nationalen SRGR-Plans. In diesen Regionen waren zivilgesellschaftliche Organisationen für viele Frauen und Mädchen ein Rettungsanker. Einige von der GFF unterstützte zivilgesellschaftliche Organisationen arbeiten in den Gemeinden, um Lebensmittel und Hygienepakete zu verteilen, Menschen zu sensibilisieren und Beratung zu SRGR anzubieten. Wir müssen heute mehr denn je sicherstellen, dass die Stimmen von Jugendvertreter*innen, Eltern, Lehrkräften und der Zivilgesellschaft in die Entscheidungsfindung und Interessenvertretung für Frauen und Mädchen einfließen. Außerdem müssen wir die Rechenschaftspflicht stärken, Kapazitäten ausbauen und die lokale Mentalität verändern, um sicherzustellen, dass Ressourcen mit maximaler Wirkung eingesetzt werden.“

Senegal: Befähigung von Mitgliedern der Gemeinschaft, aktiv an Hilfsmaßnahmen mitzuarbeiten
Assane Diagne, Nationale Koordinatorin, GFF CSO Coalition

„Versorgungsausfälle machten sich in den Gesundheitsdiensten aller Gesundheitsbezirke bemerkbar. In fast 40 % der Bezirke sank die Zahl der Schwangerenvorsorgeuntersuchungen während der Lockdowns, und in mehr als der Hälfte der Bezirke gab es deutlich weniger sichere Entbindungen. Die von der GFF unterstützten zivilgesellschaftlichen Organisationen handelten schnell: Sie setzten sich für die Fortführung von Diensten ein, einschließlich SRGR-Diensten, und arbeiteten mit Gemeindemitgliedern der zusammen, um Termine zu organisieren, Familienplanungspakete zu verteilen und Entbindungen zu unterstützen. Zusammen mit den Bemühungen der Regierung hat dies gut funktioniert, so dass Dienste während der Krise aufrechterhalten werden konnten. Aber es muss noch mehr getan werden: Wenn wir die Fortschritte sichern möchten, die wir in den vergangenen Jahren in der Gesundheit und Chancengleichheit erzielt haben, müssen wir mehr Investitionen vor Ort mobilisieren und in den Gemeinden Kapazitäten aufbauen.“